Schokolade in Gefahr?
Wie der Klimawandel den Kakao bedroht
Der menschengemachte Klimawandel stellt den Kakaoanbau vor eine Reihe von Problemen. Die Bohne, die die Grundlage für die von uns so geliebte Schokolade bildet, scheint in Gefahr zu sein. Millionen von Kleinbauern, die Kakao anbauen, stehen vor großen Herausforderungen. Veränderungen in den Niederschlagsmustern, steigende Temperaturen und häufigere Extremwetterereignisse setzen den Pflanzen zu. Zudem führen Schädlingsbefall und die Verbreitung von Krankheiten zu weiteren Problemen.
Zahlreiche Expertinnen und Experten sind sich einig: Diese klimatischen Veränderungen können zu einer signifikanten Verschlechterung der Bodenqualität und – aus viele Gründen – zu erheblichen Ernteausfällen und führen. Um solchen Szenarien möglichst effektiv zu begegnen, werden weltweit Anpassungsstrategien erforscht und entwickelt.
Zu diesem Thema haben wir hier bereits ein Expertengespräch mit Dr. Christian Bunn, Forscher im Internationalen Zentrum für Tropische Landwirtschaft (CIAT), geführt, der uns die Problematik wissenschaftlich erklärt.

Abb. 1: Baumpflege: Ein balinesischer Kakaobauer entfernt gestresste, abgestorbene Kakaofrüchte
Veränderungen in den Niederschlagsmustern
Der Kakao ist stark abhängig von den richtigen Niederschlagsmengen, -intensitäten und -zeiten. Der Klimawandel führt zu Veränderungen in ebendiesen Niederschlagsmustern, die sich direkt auf den Kakaoanbau auswirken. Unregelmäßige oder ausbleibende Niederschläge gepaart mit längeren Trockenperioden können die Bodenfeuchtigkeit in den Kakaoanbauflächen verringern. Wassermangel führt logischerweise zu Stress für die Kakaopflanzen. Kakao benötigt eine gleichmäßige und ausreichende Wasserversorgung, um optimal zu wachsen und zu gedeihen.
“Die Unsicherheiten bei den Niederschlagsmodellen sind ein großes Problem. Klimamodelle können oft keine präzisen Vorhersagen für spezifische Regionen liefern, insbesondere nicht für tropische Gebiete, in denen Kakao angebaut wird” erläutert Dr. Bunn im Experteninterview.
Die Folgen können vielfältig sein: Wenn die Bodenfeuchtigkeit abnimmt, kann dies das Wachstum und die gesunde Entwicklung der Kakaopflanze stören. Eine geringere Blütenbildung und schlechtere oder ausbleibende Fruchtentwicklung können in der Folge entstehen, was letztendlich die Ernteerträge verringert. Darüber hinaus können Trockenperioden die Bodenstruktur an sich verschlechtern und zu Bodenrissen führen, die auch die Wurzeln der Kakaopflanzen schädigen können.
Die Herausforderung besteht darin, dass die Landwirte sich an diese unregelmäßigen Niederschlagsmuster anpassen müssen. Traditionelle Bewässerungsstrategien können möglicherweise nicht ausreichen, um die Kakaoanbauflächen angemessen zu versorgen, und der Einsatz von Technologien wie eine aufwändige, weil punktgenaue Tropfbewässerung oder auch Regenwasserspeicherung könnten erforderlich werden. Darüber hinaus kann eine unzureichende Bewässerung zu einem erhöhten Risiko von Schädlingsbefall oder dem Ausbruch von Pflanzenkrankheiten führen, weil geschwächte Kakaobäume weniger widerstandsfähig sind und anfälliger werden.

Abb. 2: Dürreperioden werden durch den Klimawandel extremer
Temperaturanstieg
Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen auch in den Anbaugebieten. Dies hat direkte Auswirkungen auf den Kakaoanbau. Kakao ist eine tropische Pflanze, die nur in einem sehr begrenzten Temperaturbereich gut gedeiht. Höhere Temperaturen können jedoch das Wachstum und die Entwicklung der Kakaopflanzen beeinträchtigen.
Auch zu große Hitze kann direkt zu einer Verringerung der Blütenbildung, der Fruchtentwicklung und letztendlich der Ernteerträge führen. In Indonesien konnte im Jahr 2023 teilweise beobachtet werden, wie allzu große Hitze bei gleichzeitig ausbleibendem Regen zu einem Verbrennen der Blüten am Baum in großem Umfang geführt hat. Darüber hinaus können zu hohe Temperaturen die Qualität des geernteten Kakaos beeinträchtigen, da diese als natürliche Reaktion dazu neigen, den Gehalt an Kakao-Butter zu verringern und sich so auch die Geschmacksprofile verändern.
Übermäßige Hitze kann neben Dehydrierung der Pflanzen auch die Fähigkeit zur Photosynthese beeinträchtigen, was zu einer verringerten Produktion von Nährstoffen und Energie für das Wachstum führt. Auch hier gilt: Geschwächte Bäume sind weniger widerstandsfähig und damit anfälliger für Schädlingsbefall und die Ausbreitung von typischen Pflanzenerkrankungen.
Es gilt, Strategien zur Anpassung zu entwickeln, um die Folgen eines starken Temperaturanstiegs auf den Kakaoanbau abzumildern. Dies können die Züchtung von hitzetoleranten Kakao-Sorten sein, die Implementierung von schattenspendenden Pflanzen (hin zu komplexeren Agroforstsystemen) oder die Verbesserung von Bewässerungsstrategien. Darüber hinaus ist die Entwicklung von landwirtschaftlichen Praktiken, die die Bodenfeuchtigkeit erhalten und die Bodentemperatur regulieren, von entscheidender Bedeutung, um die Resilienz der Kakaopflanzungen zu stärken.


Abb. 3-4: Kakaoblüte unter Hitzestress; “Hohe Temperaturen, besonders wenn sie mit Dürre kombiniert auftreten, stellen eine erhebliche Bedrohung für Kakaopflanzen dar. Diese extremen Bedingungen verursachen Trockenstress, der die Pflanzen schwächt und ihre Überlebensfähigkeit gefährdet” erklärt Klimaexperte Dr. Bunn.
Häufigere Extremwetterereignisse
Durch den Klimawandel häufen sich Extremwetterereignisse. Dies stellt eine weitere bedeutende Herausforderung für den Kakaoanbau dar. Diese Ereignisse – tropische Stürme, Starkregenereignisse oder langanhaltende Dürren – können direkte Auswirkungen auf die Kakaoanbauflächen haben und sowohl kurzfristige als auch langfristige Schäden verursachen.
Tropische Stürme können Kakaoanbauflächen schwer beschädigen und signifikante Ernteausfälle bedingen. Dies kann die Erholung der Kakaoanbauflächen für mehrere Jahre behindern. Die Schäden können auch die Infrastruktur für die Verarbeitung und den Transport von Kakao beeinträchtigen, was die wirtschaftlichen Verluste weiter erhöht.
Starkregenereignisse können – insbesondere auch nach langen Trockenperioden – zu gravierender Bodenerosion gepaart mit dem Verlust fruchtbarer Bodenschichten führen und sich ungünstig auf Bodengesundheit auswirken sowie die typische notwendige Bodenstruktur zerstören. Dies kann zu Verlusten an Pflanzmaterial und jungen Kakao-Pflanzen führen. Darüber hinaus können Starkregenereignisse zu Überschwemmungen der Anbauflächen führen und auch so die Ernten erheblich beeinträchtigen.
Es geht darum, wirksame Strategien zur Bewältigung von Risiken und Konsequenzen häufigerer Extremwetterereignisse zu entwickeln. Dies kann etwa die Implementierung von Frühwarnsystemen für Wetterereignisse, die Anpassung der Anbauinfrastruktur an die erwarteten Klimaextreme sowie die Förderung von Versicherungs- und Risikominderungsmaßnahmen für Kakaoanbauer umfassen. Darüber hinaus ist die Förderung von diversifizierten Anbaumethoden, die die Resilienz der Kakaoanbauflächen gegenüber verschiedenen Wetterbedingungen erhöhen, von entscheidender Bedeutung, um die negativen Auswirkungen häufigerer Extremwetterereignisse auf den Kakaoanbau zu minimieren. Außerdem muss die Bodenqualität im Kakaoanbau erhalten werden, um die langfristige Nachhaltigkeit des Sektors zu gewährleisten. Dies erfordert die Implementierung von Bodenschutzmaßnahmen wie Terrassierung, Bodenbedeckung und Erosionskontrolle, um die Bodenerosion zu reduzieren.
Klimaexperte Dr. Bunn sagt dazu im Interview: “Viele Kakaobauern haben wenig finanzielle Mittel und müssen kurzfristig planen, was die Anpassung an den Klimawandel weltweit noch schwieriger macht.”

Abb. 5: Extreme Klimabedingungen führen zu ökologischen Katastrophen
Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten
Kakaopflanzen sind auch anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Der Klimawandel verstärkt diese ernsthafte Bedrohung für den Kakaoanbau. Veränderte klimatische Bedingungen können das Auftreten und die Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten begünstigen, was zu erheblichen Ernteausfällen und wirtschaftlichen Verlusten führen kann.
„Der Klimawandel wird wahrscheinlich zu einer Zunahme von Schädlingen und Krankheiten führen, die den Kakaobestand bedrohen. Pflanzenkrankheiten sind oft flexibler und passen sich schneller an veränderte klimatische Bedingungen an als die Pflanzen selbst“, so Dr. Bunn.
Wärmere Temperaturen und erhöhte Luftfeuchtigkeit aufgrund des Klimawandels schaffen ideale Bedingungen für das Wachstum und die Vermehrung von Schädlingen und Krankheitserregern. Der Kakaobohrer (Cocoa Pod Borer, hauptsächlich in Südostasien) ist ein Beispiel für einen Schädling, der durch den Klimawandel begünstigt werden könnte. Höhere Temperaturen können seine Entwicklungsraten beschleunigen und seine Populationen erhöhen, was zu einem erhöhten Befallsrisiko für Kakaoanbauflächen führt.
Abb. 6: Nagerbefall an Kakaofrucht im Kontrast zu gesunder Kakaofrucht
Krankheiten wie die Kakao-Welke (Witches‘ Broom, hauptsächlich in Lateinamerika verbreitet), die Schwarzfleckenkrankheit (Black Pod Disease, kommt weltweit vor) oder der Swollen-Shoot-Virus (hauptsächlich in Westafrika verbreitet) können ebenfalls durch den Klimawandel begünstigt werden. Feuchtere Bedingungen und veränderte Niederschlagsmuster können die Ausbreitung dieser Krankheitserreger bzw. -sporen fördern und zu verstärkten Ausbrüchen führen. Die Kakao-Welke beispielsweise wird durch den Pilz Moniliophthora perniciosa verursacht, der in feuchten Umgebungen gedeiht und durch den Klimawandel begünstigt werden könnte.
Es ist allerdings nicht einfach, effektive Strategien zur Bekämpfung von Schädlingen und zum Schutz vor Krankheiten zu entwickeln. Zu den Optionen zählen laut Forschenden die Förderung von krankheits- und/oder schädlingsresistenteren Kakao-Sorten, die Entwicklung integrierter Schädlings- und Krankheitsmanagementstrategien und die Stärkung von Überwachungs- und Frühwarnsystemen. Zusammen mit einer nachhaltigen Landbewirtschaftung und der Förderung von agroforstlichen Praktiken kann dies dazu beitragen, die Resilienz des Kakaoanbaus gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu stärken, sagen viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Abb. 7: Schwarzfleckenkrankheit (Black Pod Disease) auf Kakaofrüchten
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Der Kakaobaum
- ist ein Stammblütler
- braucht Schatten
- kann bis zu 15 Metern groß werden
- treibt ab einem Alter von 2 bis 3 Jahren Blüten und Früchte
- entwickelt jährlich etwa 100.000 Blüten, daraus wachsen
aber nur etwa 50 Kakaofrüchte