Der Ursprung des Kakaos - Schokotorial Titelbild

Wo alles begann: Der Ursprung des Kakaos und seine Verbreitung


Kakaobohnen, oder genauer gesagt die fermentierten getrockneten Samen des Kakaobaumes Theobroma cacao L., sind der Schlüsselrohstoff für die Schokoladenherstellung. Aber Kakao ist nicht gleich Kakao, denn der Kakaobaum zeichnet sich durch eine immense genetische Vielfalt aus, die sich in kleinen und großen Unterschieden zwischen den Bäumen widerspiegelt. Hinzu kommen Unterschiede bezüglich des Bodens, der klimatischen Bedingungen und der Anbausysteme zwischen den Anbaugebieten in Süd- und Mittelamerika, Afrika, Asien und Ozeanien, die sich auf die Kakaobäume und damit auf die Qualitätseigenschaften des Kakaos auswirken. Der Reichtum an Kakaosorten bildet die Grundlage für die vielfältigen Aromen und Geschmacksrichtungen, die in Schokolade zu finden sind. Die Klassifizierung, also die Einteilung von Kakaosorten, ist ein wichtiger Aspekt, der sowohl für die Schokoladenherstellung als auch für Anbau, Züchtung und Forschung von großer Bedeutung ist.

Wo kommt der Kakao her?


Die Betrachtungen zur Herkunft und insbesondere zur historischen Verbreitung des Kakaobaums sind ähnlich komplex wie seine genetische Vielfalt. So wurde z.B. lange Zeit angenommen, dass der Kakaobaum zwei Ursprünge habe, einen in Süd- und einen in Mittelamerika. Mittlerweile ist belegt, dass das alleinige Ursprungsgebiet in den tropischen Regenwaldgebieten an den Osthängen der Anden des Amazonasbeckens liegt (Abb. 1), denn hier ist die größte genetische Vielfalt zu finden.

Ursprung und erste Einteilung des Kakaos


Legende Abb.1

Ursprungsregion des Kakaos

Verbreitung Criollo

Verbreitung Trinitario

Verbreitung Forastero

Verbreitung Nacional

Criollo

Aus den Ursprungsgebieten in Südamerika wurde der Kakao von den Olmeken auf ihren Handelsruten bereits vor circa 3.800 Jahren nach Mittelamerika gebracht und dort angebaut (Abb. 1). Unter Maya und Azteken erlangte er große kulturelle Bedeutung. Die Kakaosorten in Mittelamerika waren auch die ersten, mit denen die Europäer in Kontakt kamen. Sie werden als Criollo bezeichnet. Als die Europäer ab circa 1600 den Kakaoanbau auf die karibischen Inseln ausweiteten, wurde hierfür Criollo genutzt. Auch bei der ersten Verbreitungswelle nach Ozeanien, Asien und bis an die Ostküste von Afrika ab circa 1660 kam Criollo zum Einsatz (Abb. 2).

Forastero

Die von den Europäern erst später entdeckten Kakaosorten in Südamerika werden auf Basis der geografischen Verbreitung sowie morphologischer Merkmale wie der Frucht- und der Samenform als Forastero vom Criollo abgegrenzt (Abb. 1). Häufig wird Forastero weiter in Upper Amazon Forastero, vom oberen Flusslauf des Amazonas (UAF) und Lower Amazon Forastero (LAF), vom unteren Flusslauf des Amazonas, unterteilt.

Trinitario

Ab 1727 wurde auf den karibischen Inseln verstärkt auch Forastero angepflanzt und mit Criollo gekreuzt. Die aus den Kreuzungen hervorgehenden Kakaobäume werden als Trinitario bezeichnet (Abb 1). Forastero wurde ab 1822 auch für die Ausweitung des Kakaoanbaus nach Westafrika genutzt, wo er zunächst die Basis der dortigen Pflanzungen darstellte. Ab 1880 wurde dann auch Trinitario nach Afrika, Asien und Ozeanien gebracht und verbreitete sich dort.

Nacional

Auch in westlich der Anden gelegene Gebiete des heutigen Ecuadors gelangte Kakao frühzeitig bereits auf den Handelsruten der indigenen Völker. Aufzeichnungen über erste gewerbsmäßige Plantagen mit diesem Kakao gehen allerdings auf die Europäer zurück. Der Kakao wird heute als Nacional, Arriba oder Arriba Nacional bezeichnet (Abb. 1). Die Bezeichnung Arriba Nacional darf nur für in Ecuador angebauten Nacionalkakao verwendet werden.

Legende Abb. 2

Ursprungsregion des Kakaos

Verbreitung Criollo

Verbreitung Trinitario

Verbreitung Forastero

Criollo, Trinitario und Nacional zeichnen sich durch besondere Aromaeigenschaften aus. Sie können u.a. blumige, fruchtige und nussige Noten entwickeln. Sie werden daher als Edelkakao vom Forastero abgegrenzt, der zwar ein kräftiges Kakaoaroma aufweist, aber keine Feinaromen. Er wird als Konsumkakao bezeichnet. Circa 12 Prozent der Weltkakaoernte sind Edelkakao, 88 Prozent sind Konsumkakao. Die edelkakaoerzeugenden Länder sind im Annex C des Internationalen Kakaoabkommens benannt (siehe Abb. 4). Mehr zur Geschichte des Kakaos findet ihr hier.

Moderne Forschung entdeckt Kakao-Cluster


Neue Analysenmethoden, insbesondere molekulargenetische, haben es in den vergangenen Jahren möglich gemacht, die Diversität und auch die historische Nutzung und Verbreitung von Kakao besser zu verstehen.

Und jetzt wird es wissenschaftlich

Im Jahr 2008 konnte ein Forscherteam rund um Juan Carlos Motamayor mittels sogenannter Mikrosatelliten zeigen, dass Kakao nicht in vier Gruppen, sondern in mindestens zehn genetische Cluster zu unterteilen ist (Abb. 3). Dabei bilden Criollo und Nacional als traditionelle Kultivare eigenständige Cluster. Ein Forastero-Cluster gibt es hingegen nicht. Vielmehr gibt es eine Unterteilung in Amelonado, Contamana, Curaray, Guiana, Iquitos, Maranon, Nanay und Purús (Abb. 3). Ein internationales Team von Wissenschaftlern rund um die Forscherin Claire Lanaud konnte diese Einteilung verfeinern und grenzte zwei weitere Cluster ab: Caqueta und Morona (Abb. 3).

Abb. 3

Vereinfachtes Schaubild der genetischen Varianz von Kakaosorten

Dieses detaillierte Verständnis der Diversität von Kakao ist ein zentraler Baustein für die Züchtung. Mit solchen Züchtungen soll beispielsweise eine größere Resistenz gegenüber Krankheiten erreicht werden. Außerdem führen sich wandelnde klimatische Bedingungen dazu, dass Kakao vermehrt mit einem Fokus auf eine erhöhte Resilienz gezüchtet wird. Auch das bessere Verständnis, der Erhalt und die Weiterentwicklung von Feinaromen wird immer wichtiger. Darüber hinaus haben Forscher Kakaoinhaltsstoffe und Kakao-DNA aus bis zu 5800 Jahre alten Tongefäßen in Mittel- und Südamerika nachweisen können. Überraschenderweise stammen die ältesten Tongefäße mit Kakaospuren nicht wie erwartet aus Mittelamerika, sondern aus Südamerika. Dies deutet darauf hin, dass indigene Völker bereits vor etwa 5800 Jahren Kakao nutzten. Durch die Untersuchung der DNA konnten die Forscher bestimmen, zu welchem genetischen Cluster der Kakao in den Tongefäßen gehörte. Dabei stießen sie auf eine große Überraschung: In den Tongefäßen aus Mexiko fanden sie neben Criollo-DNA auch Amelonado-DNA. Bisher ging man davon aus, dass Maya und Azteken sich hauptsächlich auf den Anbau von Criollo-Kakao konzentrierten. Die Verbreitung von Amelonado wurde hauptsächlich den Europäern zugeschrieben, die ihn vor allem in die Karibik und nach Westafrika brachten. Es scheint jedoch, dass der genetische Austausch zwischen den ursprünglichen Anbaugebieten und Mittelamerika bereits vor der Ankunft der Europäer weitreichender war als angenommen.

Genetische Erkenntnisse und die Unterteilung im Kakaohandel


Während die neuen Erkenntnisse für Forschung und Züchtung unverzichtbar sind, hat die Komplexität der genetischen Vielfalt von Kakao noch keine Berücksichtigung auf dem Kakao- und Schokoladenmarkt gefunden. Global wird zwischen zwei großen Kategorien von Kakao unterschieden: „Edelkakao“ oder eigentlich „Feiner oder aromatischer“ Kakao (“Fine or Flavour”) und „Masse“ bzw. Konsum- oder besser „gewöhnlicher“ Kakao (“Bulk”). “Fine or Flavour” Kakao entstammt den Kakaosorten Criollo oder Trinitario, während „Bulk“ Kakao an Forastero-Bäumen wächst. Letztlich ist die Einteilung in zehn Cluster in der Praxis derzeit noch zu komplex. Unabhängig von der neueren genetischen Forschung bleibt die ICCO (International Cocoa [Commerce] Organization) bei ihrer Auslegung von “Bulk” und “Fine or Flavour“ Kakao und den vier Sortenbegriffen Criollo, Forastero, Trinitario und Nacional. Herkünfte für “Fine or Flavour” Kakao sind die von der ICCO in der Anlage C des Internationalen Kakaoabkommens von 2010 festgelegten Länder (Abb. 4).

Ausblick


Die Einteilung von Kakaosorten hat sich von rein äußerlichen Merkmalen zu einer genetisch basierten Methode verändert. Gerade im öffentlichen Raum ist die Unterteilung in Criollo, Forastero, Trinitario und Nacional weiterhin sehr präsent und wird der Einfachheit halber oft so erklärt. Auch im Rohkakao-Handel ist diese Einteilung immer noch vorherrschend, zumal wenn die Hauptaufteilung zwischen “Bulk” und “Fine or Flavour“ Kakao vorgenommen wird. Allerdings haben die Verwendung von DNA-Markern und die Entschlüsselung des Kakaogenoms die Genauigkeit und Präzision der Einteilung verbessert, sodass aus drei bzw. vier Kakaosorten sich nun zwölf Kakaosorten-Gruppen ergeben. Und es bleibt weiterhin spannend: Neue Forschung auf diesem Gebiet hat inzwischen eine neue Gruppe entdeckt, die Forscher bisher “Admixed” nennen. Zusammengefasst heißt das: Die Kakaovielfalt ist weitaus größer als ursprünglich angenommen. Kommen in Zukunft nun also noch mehr Kakaosorten hinzu oder haben wir jetzt alle entdeckt? Wir halten euch auf dem Laufenden.

Danksagung


Wir bedanken uns bei Co-Autor Dr. Daniel Kadow für seine fachliche Unterstützung. Seine wissenschaftliche Expertise zum Thema Kakaoforschung war für diesen Beitrag unverzichtbar.
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Abb. 1-4: © BDSI