Über den wunderbaren Kakaobaum


Stehst du das erste Mal vor einem Kakaobaum (lateinisch: Theobroma cacao) – zum Beispiel im Tieflandregenwald von Ecuador –, bist du von dessen Anblick womöglich erst einmal enttäuscht. Denn der Kakaobaum ist eher klein, maximal 10 oder 15 Meter hoch, oft jedoch kleiner, und fällt unter dem üppigen Blätterdach der weitaus höheren und größeren Baumriesen in den höheren Etagen der Tropenwälder Mittel- und Südamerikas kaum auf. Bergmandel- oder Paranussbäume, Würgefeigen, aber auch Palmen beeindrucken uns Mitteleuropäer mit bis zu 60 Metern Wuchshöhe, ausladenden Kronen, gigantischen Stämmen oder an der Oberfläche heraustretenden riesigen Wurzelgeflechten oft mehr. Doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich dem aufmerksamen Betrachter des Kakaos attraktive Besonderheiten.

Die Blätter


Da sind zum Beispiel die länglich ovalen, zugespitzten Blätter. Entlang der sogenannten Blattader in der Mitte eines Blattes gemessen können sie über 30 cm lang werden. Die Ausprägung der Blattadern (alternativ: der Nervatur) zeigt sich symmetrisch federgleich (oder auch: gefiedert). Die Blätter glänzen schön, wirken in ihrer Beschaffenheit ledrig und präsentieren sich auf ihrer Oberseite in dunklerem Grün als auf der Unterseite.

Lockere grüne Kakaobaum Blätter

Grüne Blätter von einem Kakaobaum

Die Rinde


Die Rinde des Kakaobaumes weist eine längs laufende, leicht raue Struktur auf. Die Rinde ist dunkelgrau gefärbt. Flechten, die am bis zu 20 Zentimeter dicken Stamm und an den Ästen wachsen, lassen den Baum dank ihrer hellen Färbung einem Fleckenmuster gleich ganz lebhaft aussehen. Dazu gesellen sich intensiv-grüne, fellgleiche Moose. Wusstest du übrigens, dass viele Flechten

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Die grüne Rinde des Kakaobaums mit gründen Früchten

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Kakaobaum mit einer grünen Rinde
(und Pilze) in der Dunkelheit und mit Schwarzlicht beschienen in allen Neonfarben intensiv leuchten können? Man spricht dann von Biolumineszenz. Jede Nachtwanderung kann so zu einem wahren Farbspektakel werden und dir einen Hauch von Pandoras Avatar-Magie in die Nacht zaubern.

Die Blüte


Der Kakaobaum ist ein Stammblütler. Das heißt, er bildet seine Blüten immer direkt aus dem Stamm oder den Hauptästen heraus. Wenn also die Blüten oder Blütenstiele aus verholzten Teilen eines Baumes bzw. einer Pflanze entstehen, nennt man das auch Kauliflorie. Andere Stammblütler sind zum Beispiel die Papaya und die Jackfrucht (siehe unten).

Die Blüten des Kakaos sind fast zu übersehen, selbst wenn er Hunderte gleichzeitig gebildet hat – so klein sind sie. Bei genauerer Betrachtung jedoch fällt ihre besondere Schönheit auf. Denn sie sehen beinahe wie kleine Orchideen aus: dominant weiß mit gelben und rot schimmernden Anteilen. Es gibt leicht behaarte, grünlich bis rötlich gefärbte Kelchblätter, weißlich-gelbliche, leicht durchscheinende, im Innern rötlich gestreifte Kronblätter mit einer auffallenden spatelförmigen Zunge. Dazu gesellen sich weiße bis gelbliche Staubblätter, die den Pollen erzeugen, und ein fein behaarter Fruchtknoten mit fünf Kammern (den bauchigen Teil des Blütenstempels).

Kakao

Jackfrucht

Papaya

Manche Bäume produzieren tausende Blüten (in einem Jahr sind bis zu 100.000 pro Baum möglich), von denen ein winziger Anteil (etwa 1 bis 5 %) erfolgreich bestäubt wird. Ein noch kleiner Bruchteil kann schließlich zu gesunden und vollen Früchten heranreifen.

Der Kakaobaum


 

  • ist ein Stammblütler
  • braucht Schatten
  • kann bis zu 15 Metern groß werden
  • treibt ab einem Alter von 2 bis 3 Jahren Blüten und Früchte
  • entwickelt jährlich etwa 100.000 Blüten, daraus wachsen
    aber nur etwa 50 Kakaofrüchte

Die Bestäubung


Der Kakaobaum ist ein Zwitter. Das heißt, er ist männlich und weiblich zugleich. Die Bestäubung der Kakaoblüten übernehmen in der Regel Fluginsekten. Allerdings macht es die Kakaoblüte Bestäubern nicht gerade einfach. Sie ist so klein und ihre Struktur so komplex, dass selbst die kleinste Biene noch zu groß ist, um den Pollen der Kakaoblüte zu erreichen und an ihrem Körper

aufnehmen zu können. Letztlich schaffen das nur Mücken, die nicht viel größer sind als ein Mohnsamen. Doch damit sind noch nicht alle Hürden überwunden: Es müssen schon 100 bis 250 Pollenkörnchen sein, die letztlich 40 bis 60 Samenkörner erfolgreich befruchten, um dann überhaupt eine „ledrige Beere“ zu bilden, die später eine Kakaofrucht werden kann. An so einer winzigen Mücke hängen oft aber nur 30 Pollenkörnchen. Zudem kann die Mücke nicht einfach zum weiblichen Teil der gleichen Blüte wandern. Denn der Blütenstaub ist für die Befruchtung am gleichen Baum oder von Blüten an genetisch sehr nahe verwandten Bäumen, beispielsweise Geschwistern, ungeeignet.
Und häufig kann das winzig-kleine Fluginsekt gar nicht den verhältnismäßig langen Weg hin zu einer Gruppe von entfernt verwandteren Bäumen erfolgreich überwinden. Um zu besseren Erträgen zu kommen, haben daher viele Bauern die Bestäubung von Hand erlernt. Allerdings sind dafür viel Erfahrung und eine sehr ruhige Hand notwendig.
Übrigens: Oft kannst du an einem geschlechtsreifen Kakaobaum die verschiedenen Stadien des Lebens sehen. Alte und junge Blätter, Blüten und bereits entwickelte, kleine ledrige Beeren unterschiedlicher Größe sowie große Früchte (die sogenannten Pods). Grundsätzlich gibt es im Jahr Hauptentwicklungszyklen, die in zwei Erntephasen münden: Die Haupt- und die Nebenernte. Je nach Region ergibt sich folgender Erntekalander für Kakao (für eine optimierte Darstellung sollten mobile Endgeräte horizontal gedreht werden):
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Über die Kakaofrucht und die Kakaobohne erfährst du hier mehr.

Bildnachweise
Header und Bewegtbild „Blätter“: BDSI; Foto „Rinde“ und Bewegtbild „Blüte“: BDSI; Foto „Kakao“ und Fotos “Schwarzlicht Flechten & Pilze”: Sascha Tischer; Foto „Jackfrucht“: ©efesenko; Foto „Papaya“: ©phuncharee; Foto „Kakaobaum“, „Blätter“ und „Bestäubung“: Jochen Weber; Foto Abschluss: © Martin Novak; Foto “Blätter” und “Rinde”: Lucas Labots. Text: Sascha Tischer